Donnerstag, 25. März 2010

Manhattan... irre, wirre Liebe in NY





Woody Allen-Filme (jedenfalls die früheren) sind die Chick-Flicks für Männer. Intellektuelle und Akademiker schwadronieren in Freud'scher Manier beim üblichen Kaffeeplausch über Liebe und Sex, und das ohne in überschwängliche Gefühlsduseleien abzusteigen. Das ist das Besondere von Allen: Seine Filme wirken in höchsten Maßen romantisch, ohne sentimental-kitschig zu erscheinen. Zudem liefert er wunderbare Großstadtporträts (New York, London, Barcelona...), wo einem sofort das Fernweh packt. Manhattan deckt das neurotische Liebesverhalten der Großstadtleute auf, ist aber in erster Linie eine liebevolle Hommage an New York itself.
Schlimmer hätte es für Isaac Davis (Woody Allen) nicht kommen können. Seine lesbische Exfrau Jill (Meryl Streep) schreibt ein vernichtendes Enthüllungsbuch über ihre Ehe und in seiner Beziehung zu der 17-jährigen Tracy (Mariel Hemingway) ist der Fernsehautor auch nicht glücklich. Zu groß ist der Alters- und Interessenunterschied, daher sieht Isaac keine Zukunft für sie. Halt findet er bei seinem Freund Yale (Michael Murphy) dessen Liebesleben ebenso chaotisch ist. Yale hat nämlich eine außereheliche Affäre mit Mary (Diane Keaton). Isaac verabscheut ihr "pseudo-intellektuelles" Geschwätz. Doch schnell lässt er sich von Mary hinreißen und beginnt eine Romanze mit ihr.
Elaine's, Museum of Modern Art, Brooklyn Bridge, Fifth Avenue, Guggenheim-Museum, Hayden Planetarium... in nostalgischer Schwarzweiß-Fotografie (ich vergöttere S/W-Fotografie°°) wird die Schönheit New Yorks offenbart. Anstatt wie Carpenter oder Scorsese die Großstadt als apokalyptischen Sündenpfuhl zu inszenieren, kann Allen von seiner Heimatstadt nur Positives abgewinnen. In Manhattan bekennt er zu seiner Liebe zum Kino (Groucho Marx, "Die große Illusion" von Jean Renoir, Ingmar Bergman), zum Jazz ("Rhapsody in Blue" von George Gershwin ist eine Bereicherung), zur Kunst, zur Literatur und selbstverständlich zu New York. Allen wäre allerdings nicht Allen, wenn es in seinen Filmen nicht um wirre Liebesangelegenheiten neurotischer Intellektueller/Künstler geht. In Isaacs Freundeskreis ist Liebe (und alles was dazu gehört) oft Gegenstand ihrer Unterhaltungen, dennoch verhalten sie sich in der Hinsicht unüberlegt und sind nicht imstande auf feste Beziehungen einzugehen. So sträubt sich Yale über den Kinderwunsch seiner Frau reden zu wollen, geschweige denn ihr seine Affäre mit Mary zu gestehen. Isaacs radikale Gefühlsschwankungen hindern ihm eine glückliche Beziehung mit Tracy zu führen, die von allen Protagonisten am reifsten wirkt und eine Art Gegenpol zu den ganzen intellektuellen Neurotikern darstellt. Diese satirischen Seitenhiebe auf den Bildungsbürgertum New Yorks sind köstlich, besonders in den Dialogen. Deutlich wird dem Zuschauer ihre Lebens- und Bindungsunfähigkeit bewusst, die Isaac mit zynischen, sarkastischen Bemerkungen zu kaschieren versucht. Ohnehin sind seine scharfzüngigen Liners das Glanzstück des Films. Nebenbei begeistert Manhattan mit atmosphärischen Bildern eines einzigartigen New Yorks, die jeden NY-Fotoband locker füllen können. Allerdings ist der Allen'sche Humor nicht jedermanns Sache und das Liebswirrwarr mag einem zu konfus erscheinen und auf den Geist gehen (wohl auch einer der Gründe, wieso der ein oder andere Allen als überschätzt erachtet). Wer jedoch New York über alles liebt, kommt an Woody Allen und erst recht nicht an Manhattan vorbei.


Fazit: Sehenswert.

Sonnige Grüße :]

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